Neues

 

Neues Buch: Die Schiffe der Bremer Reederei D. H. Wätjen & Co.

Anfang November 2021 ist im Schünemann-Verlag, Bremen, ein neues Buch erschienen, an dem ich als Mitautor beteiligt bin. Ich war zuständig für eine Liste (mitsamt Kurzbiographien) der 126 Segel- und Dampfschiffe, die einmal ganz oder anteilmäßig der Reederei D. H. Wätjen & Co. gehört haben bzw. von dieser bereedert wurden. Im übrigen wird das Buch sämtliche bekannte Schiffsportraits von Wätjen-Schiffen enthalten und kommentieren.

Erste Rezensionen sind unter folgenden Links zu finden:

https://vegesack-maritim.de/waetjen-ein-name-fuer-viel-mehr-als-einen-park/

https://www.weser-kurier.de/bremen/stadtteil-vegesack/schloss-schoenebeck-buch-ueber-kapitaensbilder-wird-vorgestellt-doc7idi17ujhjkmuj5dkl

 

Näheres zu dem Buch ist auf der Webseite des Verlages zu erfahren unter:

https://www.schuenemann-verlag.de/buchverlag/neu/die-schiffe-der-bremer-reederei-d-h-waetjen-co.html

 

 

Der Fruchtschoner "Isabel", später als "Hans" unter Oldenburger Flagge

Ein weiterer England-Bau: der Oldenburger Schoner HANS von 1863

Ein ungewöhnliches Schiff mit einem ungewöhnlichen Lebenslauf war der Schoner HANS, der in den Jahren 1863 und 1864 unter der Oldenburger Flagge segelte, jedoch seinem vermeintlichen Heimathafen Brake niemals nahe kam. Erst jetzt, nach dem Erscheinen von Band IV „Von der Weser in die Welt“, der die an der Weser beheimateten, in England gebauten Segelschiffe behandelt, gelang es mir in mühsamer Kleinarbeit, mit Suchen in den verschiedensten Quellen und Funden an den unerwartesten Orten, das Puzzle über Herkunft und Schicksal dieses Schiffes zusammenzusetzen.

Der Anfang liegt im Jahr 1831 mit dem Stapellauf eines Schoners auf einer eigentlich unbedeutenden Lokalwerft in Hastings an der englischen Kanalküste. Die Zeitung Sussex Advertiser vom 2. Mai 1831 meldete:

On Wednesday morning a fine schooner, 125 tons, with 14 port-holes, beautifully modelled, destined for the merchant service, was launched from the yard of Messrs. Thwaites. The vessel floated at a little before eleven o’clock, having several persons on board, and a band of music to enliven the scene.

Bei diesem Schiff handelte es sich um den Fruchtjager oder fruit schooner ISABEL, gebaut für die Londoner Firma J. & J. Adam & Co., die sich zu einem der führenden Unternehmen im Import von Zitrusfrüchten entwickelt hatte. Die Brüder John (1890-1860) und James Adam (1797-1856) stammten aus Morayshire in Schottland, ihre Firma bestand bis weit in das 20. Jahrhundert und gehörte zu den Gründern der London Fruit Exchange. Mutmaßlich war das Schiff nach ihrer Mutter Isabel benannt worden.

Fast 30 Jahre fuhr die ISABEL für J. & J. Adam & Co. und besuchte regelmäßig spanische, italienische und türkische Mittelmeerhäfen wie Alicante, Denia, Messina und Smyrna, auch Sao Miguel auf den Azoren war regelmäßiger Bestimmungshafen. 1840 wurde die ISABEL verlängert, und  ein Artikel über den britischen Fruchthandel in den London Illustrated News vom 29. Juni 1844 enthielt sogar eine Abbildung, die sie als typischen Vertreter des Typs fruit schooner darstellte.

Die ISABEL wurde mit Vertrag vom 23. November 1858 durch die Hamburger Firma Cordes & Co. erworben. Über diese Firma habe ich bislang nichts herausfinden können, sie besaß seit etwa 1854 Schiffe, das letzte wurde 1867 verkauft. Unter anderem besaß Cordes & Co. von 1862 bis 1865 die Schonergaliot FUTTY SALAM, gebaut als COURIER 1852 von der Werft Oltmann in Motzen an der Weser (siehe „Von der Weser in die Welt“, Bd. I, S. 444). Die ISABEL behielt unter Hamburger Flagge ihren Namen. Sie segelte unter Führung der Kapitäne H. P. Tewes und C. F. Westedt in einer Art Dreiecksverkehr zwischen Lagos in Westafrika, Bahia in Brasilien und Hamburg. Am 30. Dezember 1861 versegelte Kapitän Westedt mit der ISABEL nach Fernost: am 22. Oktober 1862 erreichte sie Singapore und lief am 27. Dezember 1862 schließlich in Hongkong ein. Der dortige Agent war die bekannte Firma Wm. Pustau & Co, Hongkong und Shanghai.

Etwa Mitte des Jahres 1863 wurde die ISABEL auf den Namen des aus Brake stammenden Kapitäns Heinrich Oltmanns unter die Oldenburger Flagge gebracht. Die ISABEL wurde nun in HANS umbenannt. Wie dies rechtlich bewerkstelligt wurde, ist unklar; offenbar war Carl Brodersen, ein Teilhaber der Firma Wm. Pustau & Co. und zugleich Konsul des Großherzogtums Oldenburg in China, an dieser Transaktion beteiligt. Aus späteren Zeitungsberichten folgt, daß ein Teilhaber der Firma Pustau (der Name wird nicht genannt) auch wahrer Eigentümer des Schiffes war und Oltmanns nur treuhänderisch als solcher auftrat. Möglicherweise war dies der Konsul Brodersen, sicher ist es allerdings nicht.

Die nun folgenden Geschehnisse lassen sich Zeitungsberichten in hawaiianischen, US-amerikanischen und mexikanischen Blättern entnehmen. Der Schoner HANS wurde in Hongkong befrachet und segelte mit einer vollen Ladung über den Pazifischen Ozean zum mexikanischen Hafen Mazatlan. Hier verkaufte Kapitän Oltmanns die Ladung und segelte mit der HANS nach Honolulu auf Hawaii. Dort verbreitete er anscheinend die Mär, bei der HANS handele es sich um die frühere Yacht eines englischen Adligen, was ja nicht stimmte, aber zu der Tatsache paßte, daß das Schiff in England gebaut worden war. Jedenfalls bot er das Schiff im April 1864 zum Verkauf an, und in der Tat kaufte der frühere Chief Minister des 1863 verstorbenen Königs Kamehameha IV. und Berater des neuen Königs Kamehameha V. die HANS für 2.500 Dollar als königlich-hawaiiansiche Yacht. Der Schoner (jetzt auch gelegentlich als Schonerbrigg oder brigantine bezeichnet) wurde nach der berühmten hawaiianischen Prinzessin in NAHIENAENA umbenannt.

Kapitän Heinrich Oltmanns, der nicht berechtigt war, das Schiff zu verkaufen, teilte den Erlös mit seinem Steuermann Eugen Ferdinand Koller und setzte sich in weiblicher Begleitung  nach Mexiko ab. Hier soll sein Vorgehen „aufgeflogen“ sein, hinzu kamen eventuell noch andere Straftaten, jedenfalls sollen ihn die mexikanischen Behörden aufgeknüpft haben. Verifiziert ist dies allerdings nicht. Die Zeitung Honolulu Pacific Commercial Advertiser schrieb am 12. September 1868:

Capt. Oltmanns, after selling the vessel, which belonged to other parties, and pocketing the proceeds, went from here to Mexico, where he engaged in some unlawful traffic, was captured by the Mexican Government and hung. He left behind him anything but an enviable name, and two widows to mourn his fate.

Kapitän Oltmanns hinterließ in Mexiko nicht nur zwei trauende "Witwen" (eine davon soll die Frau - oder Geliebte? – des Steuermanns gewesen sein, sondern auch noch eine richtige Ehefrau in Brake. Nach dem bisherigen Forschungsstand handelte es sich bei ihm um Hinrich Oltmanns, geboren am 26. Februar 1826 in Brake, der 1851 in Hammelwarden Mette Sophia Gristede geheiratet hatte. Da diese 1877 eine neue Ehe schloß, muß Hinrich Oltmanns zu diesem Zeitpunkt nachweislich tot oder für tot erklärt gewesen sein. Alles reichlich mysteriös!

Die königliche Yacht NAHIENAENA bewährte sich als solche nicht und wurde 1866 an zivile Eigner in Honolulu verkauft. Mit dem neuen Namen BLOSSOM wurde sie als Handelsschiff, eventuell zeitweise als Brigg getakelt, zwischen den Hawaii-Inseln sowie in Mikronesien (Ascension, Marshall-Inseln) eingesetzt. Im September 1868 wurde die BLOSSOM in Honolulu abgewrackt.

31. Mai 2021
 
 
Veröffentlichungen Dezember 2020:
Endlich ist es so weit!
Die Bände IV und V „Von der Weser in die Welt“ sind erschienen.
Nach den 1993 bis 2008 veröffentlichten ersten drei Bänden „Von der Weser in die Welt“, welche die Geschichte der an der Weser entstandenen Segelschiffe und ihrer Bauwerften beschreiben, folgen in Band IV die Lebensläufe und Schicksale der in England und Wales, in Band V der in Schottland und Irland gebauten Segelschiffe und einiger früher Dampfer, die im Laufe der Zeit zumindest zeitweise an der Weser ihren Heimathafen hatten, also in Bremen, Bremerhaven, Geestemünde, Brake oder Elsfleth zu Hause waren.
Dabei handelt es sich um etwa 250 Schiffe, meist große eiserne und stählerne Tiefwassersegler, aber auch kleinere aus Holz gebaute Briggen, aus dem 19. Jahrhundert bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1914. Auch die Geschichte der jeweiligen Bauwerften wird kompakt dargestellt.
 
Mehr zu den Bänden IV und V unter:
 
Von der Weser in die Welt Band IV, ISBN 978 90 6707 727 9
Die Geschichte der in England und Wales gebauten Segelschiffe, die an der Weser beheimatet waren.
520 Seiten mit 500 Abbildungen, davon 130 farbig • Format 21 x 28 cm, hardbound, Preis € 65,00 zuzüglich Porto

Von der Weser in die Welt Band V, ISBN 978 90 6707 728 6
Die Geschichte der in Schottland und Irland gebauten Segelschiffe, die an der Weser beheimatet waren.
486 Seiten mit 440 Abbildungen, davon 105 farbig • Format 21 x 28, hardbound, Preis € 65,00 zuzüglich Porto

Sonderpreis für beide Bände zusammen € 120,00
Das Register der Schiffs- und Kapitänsnamen für beide Bände befindet sich am Ende von Band V.

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